Aggressivität im Straßenverkehr

Wer glaubt, durch Drängeln oder Rasen Stress abbauen und schneller ans Ziel kommen zu können, riskiert eine Anzeige wegen Beleidigung oder Nötigung. © Foto: Aleksandr Popov_unsplash.com

Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Dichter Verkehr, Baustellen und Zeitdruck begleiten Autofahrer jeden Tag aufs Neue. Wer aber glaubt, mit einem „Stinkefinger“, Drängeln oder Raserei Stress abbauen zu können und schneller ans Ziel zu kommen, riskiert eine Anzeige wegen Beleidigung oder Nötigung. Hierbei handelt es sich um Straftaten, die mit hohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen geahndet werden können. Grundsätzlich kann aggressives Verhalten im Straßenverkehr auch ein Fahrverbot oder eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) nach sich ziehen. Ob tatsächlich eine Beleidigung oder Nötigung vorliegt und wie hoch die konkrete Strafe ausfällt, entscheidet sich im Einzelfall.

Beleidigung mit Worten oder Gesten strafbar

Es beginnt vermeintlich harmlos: Bereits die Zunge herauszustrecken und Begriffe wie „Bekloppter“ oder „Dumme Kuh“ können als Beleidigung und somit Straftat gelten. Hinzu kommen beispielsweise Stinkefinger und Fäkalausdrücke. Auch mit dem Mittelfinger in Richtung einer Überwachungskamera zu zeigen, kann eine Beleidigung sein. Zwar ist nicht jede Entgleisung strafbar, aber die Meinungsfreiheit hat dort ein Ende, wo die Würde des anderen verletzt wird. Beleidigung kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden. Geht es um eine tätliche Beleidigung wie Anspucken, kann sogar eine maximal zweijährige Haftstrafe fällig werden. Das Strafmaß wird individuell festgesetzt, wobei Geldstrafen in Tagessätzen, also Dreißigsteln eines Nettomonatslohns, verhängt werden. Als Nebenstrafe ist auch ein Fahrverbot möglich.

Drängeln kann Nötigung sein

Wer im Straßenverkehr drängelt oder andere Autos schneidet, begeht unter Umständen Nötigung. Eine wichtige Rolle spielen die Fahrtgeschwindigkeit, der Abstand zwischen den Autos und die Dauer des Drängels sowie die Länge der Strecke. Auch Lichthupen kann als Nötigung angesehen werden, wenn es Teil des fortgesetzten Auffahrens ist. Ist dies der Fall, drohen Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Auch drei Punkte in Flensburg, bis zu drei Monate Fahrverbot oder eine Entziehung der Fahrerlaubnis sind möglich. Das Strafmaß legt das Gericht individuell fest.

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Ausbremsen ist gefährlich und potenziell strafbar

Wer sich von einem zu dicht auffahrenden Hintermann belästigt fühlt, kommt vielleicht auf die Idee, diesen auszubremsen. Dabei handelt es sich jedoch um einen klaren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, die Fahrern von Kraftfahrzeugen plötzliches Bremsen ohne erkennbaren triftigen Grund verbietet. Soll das folgende Fahrzeug auf diese Weise zum Vollbremsen gezwungen werden, kann sogar eine Nötigung mit den zuvor genannten möglichen Strafen vorliegen.

Fahrverbot droht auch bei Ordnungswidrigkeiten

Ob beim Drängeln und Ausbremsen tatsächlich eine Nötigung oder „nur“ eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Voraussetzung für eine Nötigung ist, dass das Opfer über längere Zeit eingeschüchtert und zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung gezwungen werden soll. Zudem muss der Täter mit voller Absicht handeln. Anders als Nötigung sind Ordnungswidrigkeiten keine Straftat. Doch auch bei Ordnungswidrigkeiten kann ein Bußgeldbescheid mit Geldbuße, Punkten in Flensburg und gegebenenfalls einem Fahrverbot von einem bis drei Monaten erteilt werden.

Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwältinnen und Anwälte finden Sie über die Anwaltssuche der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer im Internet unter https://www.rak-sh.de/fuer-buerger/anwaltssuche/.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten. Sie vertreten ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten, helfen bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen und erarbeiten wirtschaftlich vernünftige Lösungen. Anwältinnen und Anwälte und ihre Mitarbeiter sind zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen auf keinen Fall das Vertrauen der Mandanten durch die Wahrnehmung widerstreitender Interessen enttäuschen.

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Redaktion: AzetPR