Wer eine lang geplante Reise nicht antreten kann, sollte seine
Rechte kennen. ©khunkorn_shutterstock.com
Rechtsanwaltskammer Koblenz. Mit „Frühbucher-Rabatten’’ kann man sogar in der Hauptsaison günstig verreisen. Aber: Je länger der Zeitraum zwischen Buchung und Reise ist, desto mehr kann auch dazwischen kommen. Naturkatastrophen oder Kriege können den Reiseantritt unmöglich machen. Muss man dann die Reise trotzdem bezahlen?
Keine Schadensersatzansprüche
Sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende kann – ohne dass dem Vertragspartner deswegen Schadensersatzansprüche zustehen – den Reisevertrag kündigen, wenn die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird. Das sagt der Gesetzgeber – doch wann liegt höhere Gewalt vor?
Unterscheidung zwischen allgemeinem Lebensrisiko und höherer Gewalt
Die Gerichte unterscheiden zwischen allgemeinem Lebensrisiko und höherer Gewalt. Dabei werden die hohe Wahrscheinlichkeit von Raubüberfällen in manchen Urlaubsgebieten ebenso wie das Auftreten von Umweltbeeinträchtigungen oder bestimmten Wetterlagen dem allgemeinen Lebensrisiko zugerechnet.
Weiten sich die Witterungsverhältnisse jedoch zu Naturkatastrophen wie Wirbelstürmen oder Erdrutschen aus, so kann dies eine Kündigung wegen höherer Gewalt rechtfertigen.
Gefahren bei Vertragsabschluss nicht voraussehbar
Schwierig ist die Frage zu entscheiden, inwieweit Krieg, Kriegsgefahr oder bürgerkriegsähnliche Zustände als höhere Gewalt im Sinne des Reiserechts anzusehen sind. Die Rechtsanwaltskammer Koblenz weist in diesem Zusammenhang auf eine Gerichtsentscheidung (LG Frankfurt/Main, 2/24 S 354/94) hin, die einzelne Terroranschläge in Urlaubsländern nicht als Recht zur Kündigung des Reisevertrages wegen höherer Gewalt ansah. Flächendeckende Bürgerkriegszustände hingegen sind im allgemeinen der höheren Gewalt zuzurechnen. Voraussetzung für ein Kündigungsrecht ist aber in jedem Fall, dass die Gefahren bei Vertragsabschluss nicht voraussehbar waren.
Kündigung wegen „höherer Gewalt“
Kündigt der Reisende vor Reiseantritt berechtigt wegen höherer Gewalt, so hat der Reiseveranstalter keinen Anspruch auf den Reisepreis. Hat der Reisende die Reise schon begonnen und muss sie abbrechen, so hat der Reiseveranstalter einen Anspruch auf Ersatz der bis dahin erbrachten Leistungen. Eventuelle Mehrkosten für die Rückbeförderung tragen der Urlauber und der Reiseveranstalter je zur Hälfte. Sonstige Mehrkosten muss der Reisende selbst bezahlen. Dazu gehören beispielsweise die Kosten, die ent-stehen, wenn der Rücktransport nicht planmäßig stattfinden kann und der Reisende länger als vorgesehen am Urlaubsort bleiben muss.
Da es stark vom Einzelfall abhängig ist, wann höhere Gewalt im Sinne des Reiserechts vorliegt, sollte vor einer geplanten Kündigung aus diesem Grund immer ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Die Rechtsanwaltskammer Koblenz vertritt die Rechtsanwälte der Landgerichtsbezirke Bad Kreuznach, Koblenz, Mainz und Trier.
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Redaktion: www.azetpr.com