Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Durch den demographischen Wandel verbringen immer mehr Menschen ihren Lebensabend in einem Alten- und Pflegeheim. In aller Regel bedeutet dies eine große Hilfe für die Bewohner. Doch was können Betroffene und Angehörige unternehmen, falls es in Ausnahmefällen zu Pflegefehlern oder Missständen kommt?
Individuelle Gefahrenanalyse
Eine gute, „aktivierende“ Pflege unterstützt die Heimbewohner, sich so selbstständig und unabhängig wie möglich zu bewegen. Hierzu gehört, dass die Einrichtungen individuelle Sturzrisiken erfassen und vorbeugende Maßnahmen treffen. Besteht zum Beispiel ein erhöhtes Sturzrisiko aufgrund von Demenz, sind schützende Hilfsmittel wie ein niedriges Bett mit davor liegender rutschfester Matte oder spezielle Hosen mit Hüftschutz einzusetzen. Kommt es dennoch zu einem Sturz und etwaigen gravierenden Verletzungen wie einem Schenkelhalsbruch, kann ein legitimer Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Voraussetzung ist stets, dass Betroffene einen Pflegefehler als Ursache des Sturzes und der Folgen belegen können.
Obhutspflicht während einzelner Maßnahmen
Stürzen Heimbewohner während konkreter Pflegemaßnahmen, kann der Träger der Einrichtung im Regelfall nachweisen, dass sich der Unfall trotz aller notwendigen und ergriffenen Schutzmaßnahmen nicht verhindern ließ. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn alleine nicht steh- und gehfähige Senioren beim Toilettengang nicht aufmerksam begleitet wurden oder wenn sich ein Unfall in der Dusche oder beim Transfer vom Bett in den Rollstuhl ereignet hat.
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Behandlung und Dokumentation von Druckstellen
Zu den typischen Gebrechen bettlägeriger Senioren gehören Durchliegegeschwüre. Sind Heimbewohner kognitiv eingeschränkt oder sediert, muss ihre Liegeposition regelmäßig geändert und das Risiko für Druckgeschwüre genau dokumentiert werden. Etwaige Druckstellen sind bereits bei ersten Anzeichen sofort zu behandeln. Erfolgt keine Dokumentation und kommt es zu schweren Schädigungen, kann dies auf einen Pflegefehler hindeuten.
Gefahr durch heiße Speisen oder Badewasser
Auch heiße Speisen, Getränke und Badewasser sind eine mögliche Gefahrenquelle im Heimalltag. So dürfen beispielsweise Bewohner, die in ihrer Wahrnehmung eingeschränkt sind, nicht mit einer Kanne heißem Tee allein gelassen werden. Zu groß ist das Risiko einer Verbrühung durch Verschütten des Heißgetränks. Ebenso ist es besonders problematisch, wenn Personen mit geistiger Behinderung duschen und die Temperaturregelung nicht genau einschätzen können. Hier hat der Heimbetreiber für eine technische Temperaturbegrenzung zu sorgen.
Schadensersatz nur in eindeutigen Fällen
Angehörige und Bewohner sollten sich bereits bei der Wahl des Pflegeheims genau nach den täglichen Abläufen und Vorsichtsmaßnahmen erkundigen. Ereignet sich im Einzelfall einer der beschriebenen Schadensfälle und lässt sich dieser belegen, könnte die Chance auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld bestehen.
Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwältinnen und Anwälte finden Sie über die Anwaltssuche der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer im Internet unter https://www.rak-sh.de/fuer-buerger/anwaltssuche/.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten. Sie vertreten ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten, helfen bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen und erarbeiten wirtschaftlich vernünftige Lösungen. Anwältinnen und Anwälte und ihre Mitarbeiter sind zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen auf keinen Fall das Vertrauen der Mandanten durch die Wahrnehmung widerstreitender Interessen enttäuschen.
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Redaktion: AzetPR