Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Für Deutsche, die in einem anderen EU-Land leben, dort eine Immobilie oder Vermögen besitzen oder aber mit einem EU-Ausländer verheiratet sind, ist die Europäische Erbrechtsverordnung entscheidend. Der gesamte Nachlass wird nach dem Recht des Landes abgewickelt, in dem der oder die Verstorbene den „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Für die gesetzliche Erbfolge spielt die Staatsangehörigkeit keine Rolle.
Es zählt der letzte gewöhnliche Aufenthalt
Problematisch ist die genaue Definition des „gewöhnlichen Aufenthalts“. Sie wird vom Gesetzgeber nicht formuliert. Um festzustellen, wo sich der „gewöhnliche Aufenthalt“ einer Person befindet, werden die Lebensumstände von Verstorbenen vor und bei deren Tod beurteilt. Soziale, familiäre oder berufliche Bindungen, Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts, Staatsangehörigkeit, Vermögensgegenstände oder Kenntnisse der Landessprache können Kriterien sein, um den „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu ermitteln. Daher besteht die Gefahr, dass derselbe Sachverhalt in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich beurteilt wird.
Mit einer Rechtswahl vorsorgen
Betroffene sollten bedenken, dass sich die erbrechtlichen Regelungen in Europa mitunter deutlich voneinander unterscheiden. Niedrigere gesetzliche Erbquoten, höhere Pflichtteilsansprüche oder die Nicht-Anerkennung des „Berliner Testaments“ und das Verbot von Erbverträgen in Italien, Spanien und Frankreich könnten für Erblasser überraschende Konsequenzen haben. Die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer empfiehlt daher, vorzusorgen und eine Rechtswahl zu treffen: Zukünftige Erblasser können das Recht des Landes wählen, dem sie angehören. Diese Wahl gilt nur für das gesamte Vermögen und muss ausdrücklich erfolgen – beispielsweise mit einem Testament, einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag. Eine Rechtswahl, die sich ausschließlich auf Grundstücke beschränkt, können Erblasser nicht mehr treffen. Wer seinen Nachlass bereits geregelt hat, kann das eigene Vermächtnis um eine Rechtswahlklausel ergänzen.
Europaweite Unterschiede im Erbrecht
Für ein deutsches Ehepaar, das seit vielen Jahren den Lebensabend in der eigenen Finca auf Mallorca verbringt, hätte das Erbrecht beispielsweise folgende Auswirkungen: Stirbt der Ehemann ohne Testament, wird das mallorquinische Erbrecht angewendet, und zwar nicht nur für die Immobilien und das weitere Vermögen auf der spanischen Insel, sondern für den gesamten Nachlass. Auch etwaige andere Vermögenswerte wie Geld, Spar- und Depotvermögen, Schmuck oder Immobilien in Deutschland unterliegen dann dem mallorquinischen Erbrecht.
Die Erbrechtsverordnung betrifft den gesamten Bereich der Europäischen Union mit Ausnahme von Irland, Dänemark und dem Vereinigten Königreich. In einzelnen Ländern wie z. B. Spanien gelten daneben regionale Sonderrechte.
Klarheit durch Europäisches Nachlasszeugnis
Das Europäische Nachlasszeugnis, das in allen europäischen Staaten anerkannt wird, trägt dazu bei, Erbfälle mit Auslandsbezug schneller und einfacher abzuwickeln. Für sechs Monate gilt das Dokument als zusätzlicher Erbnachweis für Erben, Testamentsvollstrecker, Vermächtnisnehmer und Nachlassverwalter. Eine eventuelle Verlängerung kann beantragt werden.
Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwälte und Anwältinnen nennt auf Anfrage in der Zeit von 9 bis 12 Uhr die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer unter der Telefonnummer 04621/9391-11 oder der Anwaltssuchdienst im Internet, https://www.rak-sh.de/.
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Redaktion: AzetPR