Wohnraum

Vermieter, die Eigenbedarf vortäuschen, riskieren die Zahlung von Schadensersatz und machen sich unter Umständen sogar strafbar. © Foto: Dagmar Breu_shutterstock.com

Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Vermieter oder Eigentümer haben meist nur begrenzte Möglichkeiten, ihren Mietern zu kündigen. Benötigen Immobilienbesitzer vermieteten Wohnraum für sich selbst oder für nahe Angehörige, können sie jedoch Eigenbedarf anmelden. Täuschen Vermieter den Eigenbedarf nur vor, riskieren sie die Zahlung von Schadensersatz und machen sich unter Umständen sogar strafbar.

Eigenbedarf: Rechtfertigung ist entscheidend

Wer den vermieteten Wohnraum für sich selbst oder für nahe Angehörige, wie zum Beispiel für erwachsene Kinder, Enkel oder betagte Eltern, benötigt, darf dem Mieter kündigen. Notfalls kann der Eigentümer diesen Anspruch mit einem Räumungsprozess durchsetzen. Ob es auch gerechtfertigt ist, Eigenbedarf für entfernte Familienmitglieder anzumelden, wird von Gerichten unterschiedlich bewertet. Doch damit der Eigenbedarf greift, muss der Vermieter plausibel begründen, warum er die Wohnung für sich selbst nutzen möchte. Der Mieter soll nachvollziehen können, warum er seine Wohnung verliert.

Bei nachweislicher Täuschung darf der Mieter zurück

Ist das Selbstnutzungsinteresse nur vorgetäuscht, beispielsweise, um einem ungeliebten Mieter zu kündigen, droht dem Vermieter die Zahlung von Schadensersatz. Wenn sich nachweisen lässt, dass der Mieter getäuscht wurde – meist geschieht dies erst nach seinem Auszug – hat der Betroffene das Recht, in die ehemalige Wohnung zurückzukehren. Dieser Anspruch kann bestehen, weil das Mietverhältnis ohne rechtmäßige Kündigung nicht wirksam beendet worden ist. Alternativ hat der Mieter Anspruch auf die sogenannte Naturalrestitution, das heißt auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.

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Eigentümer muss Kosten erstatten

Doch meist ist der Betroffene mit viel Aufwand bereits in eine neue Wohnung umgezogen. Der Mieter ist in diesem Fall berechtigt, alle finanziellen Schäden geltend zu machen, die er wegen des angeblichen Eigenbedarfs durch den Vermieter erlitten hat. Dazu zählen Anwaltskosten für die Überprüfung und Abwehr der unberechtigten Kündigung, Kosten für die Wohnungssuche inklusive Inserate, Makler oder Ummeldung und schließlich die Umzugskosten. Unter Umständen kann der geprellte Mieter Renovierungskosten und sogar Mehrkosten geltend machen, weil die neue Wohnung teurer ist.

Eigenbedarf vortäuschen kann Prozessbetrug sein

Schadensersatzansprüche hat der Mieter auch, wenn die Parteien einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben oder wenn die ursprüngliche Eigenbedarfssituation vor Auszug des Mieters kurzfristig entfällt. Unterlässt der Vermieter es, den Mieter darüber aufzuklären, dass dieser doch nicht die Wohnung räumen muss, hat der Vermieter den Mieter zu entschädigen.

Ein Täuschungsversuch kann sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Gibt der Vermieter den Eigenbedarf in einem Räumungsprozess vor, könnte er sich wegen Prozessbetrugs strafbar machen. Und sollte er Zeugen mobilisieren, die zum angeblichen Eigenbedarf falsch aussagen, machen sich diese wegen Aussagedelikten schuldig.

Wird dem Mieter aufgrund von Eigenbedarf gekündigt, sollte er die formellen Erfordernisse und die Begründung der Kündigung von einem Fachanwalt für Mietrecht sichten lassen. Ob mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter bestehen, prüft der Rechtsanwalt.

Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwältinnen und Anwälte finden Sie über die Anwaltssuche der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer im Internet unter https://www.rak-sh.de/fuer-buerger/anwaltssuche/.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten. Sie vertreten ausschließlich die Interessen ihrer Mandanten, helfen bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen und erarbeiten wirtschaftlich vernünftige Lösungen. Anwältinnen und Anwälte und ihre Mitarbeiter sind zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen auf keinen Fall das Vertrauen der Mandanten durch die Wahrnehmung widerstreitender Interessen enttäuschen. Besuchen Sie auch die Facebook-Seite der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer.

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Redaktion: AzetPR